Articles du Luxemburger Wort du 28 janvier 2020
Wirtschaft
Die Stimme der "Kleinanleger" feiert: Yves Mersch von der EZB gratuliert. Foto: Lex Kleren
Marco Meng
„Wir vertreten Kleinaktionäre“
Investas feiert 60-jähriges Bestehen – und hat noch viele Aufgaben vor sich
Investas, die luxemburgische Vereinigung privater Investoren, feierte gestern am Standort der Luxemburger Börse ihr 60-jähriges Bestehen. Ziel der asbl ist es, die Aktionärskultur in Luxemburg zu fördern und dazu beizutragen, dass mehr Luxemburger sich an Aktiengesellschaften beteiligen.
Investas vertritt unter anderem Aktionäre auf den Hauptversammlungen der Luxemburger Aktiengesellschaften. Prominenter Gratulant und Gastredner war gestern Yves Mersch, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Europäischen Zentralbank (EZB), der in seiner Rede darauf hinwies, dass, nicht ganz unbeabsichtigt, die Niedrigzinspolitik der EZB die Finanzmärkte „zu einer erhöhten Risikobereitschaft ermutigt“ habe. Auch gebe es eine „Kluft zwischen der Wahrnehmung und den offiziellen Inflationsmessungen“, zumal im Euroraum die Kosten für selbst genutztes Wohneigentum nicht bei der Inflationsmessung berücksichtigt würden. „Wenn die Haushalte glauben, dass die Inflation grassiert, werden sie kaum eine Rechtfertigung für unkonventionelle Maßnahmen sehen, insbesondere für negative Zinssätze“, so Mersch.
Laut Jean Medernach, Präsident von Investas, ist die Aktionärskultur in Luxemburg nicht sehr ausgeprägt. Das mag auch daran liegen, dass nicht mehr viele Luxemburger Unternehmen an der Börse notiert sind. Eines dieser Unternehmen ist beispielsweise SES, auf deren Hauptversammlungen mit rund 100 Privataktionären mit die meisten Luxemburger Kleinanleger vertreten sind. „Auf lange Sicht haben Aktien gegenüber anderen Anlageformen die beste Rendite“, sagt Medernach.
Medernach zufolge hapert es in Luxemburg bei der „éducation financière“. Darum stammen auch heute die Luxemburger Aktionäre fast ausnahmslos aus wohlhabenderen Familien oder arbeiten in der Finanzbranche. Der große Teil der Luxemburger Haushalte kennt sich hingegen nicht aus mit Aktien – und besitzt darum auch keine. „In der Schule spielt das Thema ,Wie spare ich für meine Zusatzpension?’ überhaupt keine Rolle“, sagt Medernach. Investas unterstützt darum Maßnahmen, die, wie zum Beispiel die Webseite letzfin.lu der CSSF, Schülern Basisfinanzwissen zur Verfügung stellt. Dass es andernorts eine ausgeprägte Aktionärskultur gibt, ist laut Medernach auch dem Umstand zu verdanken, dass es dort Produkte für Kleinanleger gibt, die steuerlich begünstigt sind, wie in Frankreich der „plan d’épargne en actions“. „So etwas bräuchten wir in Luxemburg auch“, sagt Medernach.
Drei Fragen an
Jean Medernach
Der Wirtschaftsprüfer ist Präsident der Vereinigung ohne Gewinnzweck Investas, die 1959 gegründet wurde.
1. Nach der Finanzkrise sollte der Kunde mit Mifid-II besser über Bankprodukte informiert werden. Ist das besser geworden?
Das hat sich auf jeden Fall verbessert. Die Produkte sind transparenter geworden und werden dem Kunden besser erklärt.
2. Mit der Fortis-Pleite stieg Ihre Mitgliederzahl. Ging sie danach wieder zurück?
Ja, damals hatte sich unsere Mitgliederzahl auf mehr als 500 fast verdreifacht. Heute haben wir 200 Mitglieder.
3. Eine neue EU-Direktive soll die Mitwirkungsrechte der Aktionäre stärken. Wie sehen Sie das?
Als Privatinvestorenvereinigung sind wir im Europaverband „Better Finance“ gruppiert und sind aktiv dabei, diese Richtlinie zu untersuchen und zu kommentieren. Das Problem ist dieVertretung bei „Cross Border Vote“, wenn Sie also Aktien einer ausländischen Gesellschaft halten und Ihr Stimmrecht ausüben wollen. Das ist mit hohen Kosten verbunden. Auf nationaler Ebene bieten Emittenten eine Übernahme der Kosten für den Versand von Abstimmungsunterlagen an nationale Aktionäre an. Im Ausland lebende Aktionäre sind benachteiligt, da sie direkt mit den Kosten belastet werden.
Interview: Marco Meng